Heute gibt es einen Erklärung-Artikel. Warum es falsch ist, Frauen* als Schlampen zu bezeichnen und was Slut Shaming ist.

Eine halbe Ewigkeit habe ich für diesen Text gebraucht.
Weil Slut Shaming ein leidiges Thema ist.
Weil man nicht einfach einen Text schreiben kann, der das Thema abhandelt.
Weil das Thema gesamt-gesellschaftlich und nicht davon losgelöst betrachtet werden kann.
Der letzte Grund ist auch jener, warum ich beim Tippen und Verwerfen immer wieder an meine Grenzen komme. So einem Blogeintrag gelingt nicht immer der Rundumschlag, schnell kommt etwas verkürzt oder gar unreflektiert daher.
Ich versuch’s mal trotzdem.

„Was hat die denn an?“
Gut zwei Wochen ist es her, dass ich statt eines Oberteils einen BH anhatte und damit auf die Straße ging. Mit beschissenen Reaktionen rechnete ich schon, und so ließen aufdringliche Pöbeleien und Kommentare, also Cat Calling, aber auch angewiderte Blicke nicht lange auf sich warten. Ein Kommentar ließ mich dann aber doch kurz innehalten. Ein paar Mädels zischten das Wort „Schlampe“. Hier wären wir im Teilgebiet des Themas. Frauen* wird es nicht zugestanden, sich zu kleiden, wie sie wollen. Ein offener Umgang mit dem eigenen Körper? Nö. Dabei ist das ja besonders widersprüchlich. Scheinheilig wird gepredigt, dass man sich doch so lieben solle, wie man ist. Tut man dies und geht mit dem eigenen Körper um, wie es einer beliebt ist das aber auch nicht richtig. Unter Slut Shaming versteht man also unter anderem die Verurteilung einer Frau, wenn sie sich so anzieht, dass es „provozieren“ könnte. Besonders im Sommer fallen derartige Kommentare öfters. Frauen, die sich luftig anziehen, um der Hitze zu trotzen sind freizügige Schlampen. Doch über Männer*, die bei hohen Temperaturen ihr Shirt aufknöpfen und oberkörperfrei in der Bahn, auf der Straße, auf dem Fahrrad oder im Hörsaal anzutreffen sind, regt sich niemand auf.

„In deinem Aufzug provozierst du ja auch.“
Slut Shaming steht eng in Verbindung mit Victim Blaming, also dem Mechanismus, Opfern die Schuld an Straftaten zu geben. Kleidet sich eine Frau nun „freizügig“, dann wird oftmals gesagt, dass sie mit ihrem Auftreten ja provoziere und regelrecht nach blöden Kommentaren oder mehr fragen würde. Sie selbst wird dann für Übergriffe verantwortlich gemacht.


„Was mit wie vielen Kerlen hat die denn schon rumgemacht?“

Der größte Punkt, den Slut Shaming wohl beinhaltet, ist das Angreifen von Frauen aufgrund ihrer Sexualität und wie sie damit umgeht. Man kennt das: Eine Frau, die mit vielen Männern schläft wird als Schlampe bezeichnet. Denn wenn eine Frau ihre Sexualität auslebt, entspricht das nicht den Konventionen (nämlich denen, dass Sex für Frauen nur in einer Beziehung oder gar in der Ehe in Ordnung geht). Ein Mann wird hingegen als „toller Typ“ oder ähnliches gesehen, wenn er mit vielen Frauen geschlafen hat. Hier gilt es zu erwähnen, dass es sicher auch den Begriff der „männlichen Schlampe“ gibt, doch bezieht sich das nur auf das promiskuitive Verhalten der Person. Schlampe an sich ist ein Wort, das sich auf Frauen bezieht, nicht umsonst, wird ein „männlich“ davor gesetzt. Die Nutzung des Begriffs ist eher eine Ausnahme und im Gegensatz zu Männern, erfahren Frauen Wertungen und meist sogar Verurteilungen ihrer Person aufgrund des eigenen Verhaltens.
Generell kann jede Frau ge-slutshamed werden, wenn sie der „Norm“ nicht entspricht, sei es aufgrund der Sexualität oder eben wegen des Kleidungsstils. Dabei können die Vorwürfe eine Schlampe zu sein, sowohl von Männern, als auch von Frauen kommen.

Und jetzt?
Ich habe kein Geheimrezept dafür, wie man effektiv das Bild der „Schlampe“ zersetzt. Der Anfang wäre allerdings gemacht, wenn man Frauen nicht mehr als Schlampen betrachtet, die Doppelmoral und die Ungleichheit im Umgang mit Frauen und Männern erkennt und hier auch seinen Sprachgebrauch überdenkt.
In meinem Freund_innen-Kreis hat es sich schon relativ eingeprägt, das Wort Schlampe nicht mehr für jegliche Beschimpfungen zu benutzen. Denn viel zu leicht kommt das Wort über die Lippen, wenn man eine Frau bezeichnen will, die man selbst nicht mag, wenn es um eine Frau geht, die viel mit anderen Männern schläft usw. Hier lässt sich auch ablesen, wie sehr man das Bild einer Schlampe und das dazugehörige Schimpfwort verinnerlicht hat.
Allein diesen Umstand zu erkennen, macht schon einiges aus.

Danke an @atteux für das Comic!

Anmerkung

Was in diesem Artikel fehlt, ist die Bearbeitung des Sprachgebrauchs für das englische Schlampe, also bitch. Das Thema beschäftigt mich zwar, aber einerseits wusste ich nicht genau, wie ich es einbauen sollte und andererseits kann ich hier keine fundierten Aussagen treffen. Wenn jemand etwas dazu hat, sendet mir doch gerne einen Link!

 

Post a Comment

We respect your privacy and will not publish your personal details.

*