Seit anderthalb Jahren wohne ich nun in Leipzig und erlebe hier jeden Tag Dinge. Kuriose Dinge, merkwürdige Dinge, beschissene Dinge. Und auch wenn die guten Momente überwiegen, möchte ich mal ein bisschen Dampf ablassen und meine beschissensten Momente mit euch teilen.

Platz 5: #nachbarnausderhoelle
Ein Hashtag? Ja ganz Recht. Denn auf Twitter begann ich im Januar über die Eskapaden meines verrückten Nachbarn von unten, also aus der Hölle zu tweeten. Von Gackern über Schreien, bis hin zur Bohrmaschinen-Nutzung in der Nacht, war alles dabei. Das Ganze endete mit einem 6-seitigen Lärmprotokoll und meinem Auszug. Laut Vermieterin hat er auch nach der Kündigung nicht reagiert, aber das muss mich nun nicht mehr interessieren.
Platz 4: Die unfreundlichste Kellnerin der Welt
Als wir nach einem Sprachaktiv Slam noch etwas im Skala trinken gingen, begegnete mir die Frau, die in der Gastro wohl am fehlsten Platz war. Ich bestellte bei ihrem Kollegen einen alkoholfreien Caipirinha (bleifrei wie es so stylisch auf der Karte hieß) und schon rollte er mit den Augen und sagte, dass das eine Weile dauern würde. Als ich dann später meinen Bestellvorgang wiederholte, guckten sich der Kellner und die Kellnerin nur genervt an und ich hab mich selten so unwohl gefühlt. Unfreundlich sagte die Kellnerin: „Es ist viel zu aufwendig einen Cocktail ohne Alkohol herzustellen.“ Zuerst dachte ich, dass es sich um einen Scherz handle und fragte, ob man nicht einfach den Wunsch des Kunden respektieren sollte. Ein fettes Nein wurde mir entgegen geschleudert. Auf der Toilette aufgebracht, entgegnete mir eine andere Kundin, dass L. immer unfreundlich und stets schlecht gelaunt sei. Mein Cocktail wurde mir dann gebracht. Rasend von der Unhöflichkeit sagte ich ihr, dass bei ihrer Einstellung, Kellnerin wohl einfach der falsche Job sei, denn meine Wut bloß runterschlucken wollte ich nicht. Einen heftigen Wortwechsel wollte sie dann mit mehrmaligenm „Halt die Klappe“ beenden, was mich nur noch wütender machte. Ich sagte, dass ich der Gast sei und sie als Kellnerin mich bedienen müsse und solle (ja klar, ich war da auch nicht Miss Charming in Person) und daraufhin nahm sie mein Glas und sagte, dass ich nichts mehr bekommen würde. Wir mussten dann über Freundinnen etwas für mich bestellen. Die Bar werde ich sicher nicht mehr besuchen, denn auf der Gottschedstraße gibt es so viele andere Möglichkeiten und im  Negativ-Ranking bekommt der Laden eine glatte Zehn.
Platz 3: Die Ausländerin sagt’s uns.
Im dritten Semester hat mir jemand das erste Mal richtig merkwürdigen-bescheuerten Rassismus ins Gesicht geschleudert. Im Journalistik-Seminar sollten wir Fehler aus einem Artikel herausfinden. Die Dozentin fragte was an dem Teilsatz „In den Lagen von Sachsen“ falsch sei. Ich meldete mich. Dann geschau folgendes.
Sie: Ach die Ausländerin sagt’s uns.
Ich: (total verdattert) Ehm. So ausländisch bin ich gar nicht.
Sie: Wie? Deutsch ist Ihre Muttersprache?!
Ich: Tatsächlich ja.
Wir alle im Seminar haben gar nicht gecheckt, wie weird die ganze Sache war. In einem späteren Gespräch fand eine Aussprache statt, die ich bis heute aber nicht ganz überzeugend fand, da immer wieder unbewusst rassistische Kommentare bzw. positiv gemeinte Diskriminierungen fielen.
Platz 2: Ein Lächeln zu viel.
Letztes Jahr habe ich öfters mal Probleme mit meinem Laptop gehabt und einen tollen Ansprechpartner im Musikviertel gefunden. Stets hatte man sich bemüht und ich wurde freundlich behandelt, sodass ich bis dahin jeder und jeden diesen Lenovo Store empfohlen hätte. Irgendwann kümmerte sich immer der gleiche Techniker um meinen Laptop, versuchte den Schaden unter allen Umständen zu beheben und darauf reagierte ich natürlich freundlich und gut gelaunt. Nach dem Kauf eines neuen Thinkpads erreichte mich dann eine SMS. Sie war von dem Techniker und er lud mich zum Essen ein. Ich fiel aus allen Wolken, da ich ihm nie meine Nummer gab und er sie demnach auf dem Lieferschein nachgesehen hatte. Dieser Datenmissbrauch erschien mir ziemlich gruselig, hatte er ja auch mehrere Tage meine Festplatte bei sich (aber das ist wohl zu weit gedacht). Ich machte mir viele Vorwürfe, da ich anscheinend zu freundliche gewesen bin, wobei das Quatsch ist, denn ein dankbares Auftreten bei Hilfe ist ja eigentlich normal, bedeutet aber nicht mehr als das. Den Chef der Firma konnte ich nicht erreichen, um über den Vorfall zu reden. Er war stets auf Geschäftsreisen teilte man mir mit und einen spontanen Termin hätte ich nur kurz wahrnehmen können, auf die Zusage kam keine Antwort mehr von ihm. Hoffentlich geht mein Gerät so schnell nicht mehr kaputt.
Platz 1: Rassistisch-völkische Grundstimmung am Montag.
War es klar, dass Legida auf der 1 landet? Ein bisschen. Nur zwei oder dreimal versäumte ich es durch Termine, bei den No Legida Demonstrationen dabei zu sein. Fast jede Woche bekam ich also mit, wie eine ganze Menge Leute zu rassistischen Parolen jubelten, ihre Deutschland-Fahnen schwangen und man in vielen sozialen Netzwerken las, auf keinen Fall zu Legida-Zeit sich allein durch die Innenstadt zu bewegen. War die Stadt anfangs im Ausnahmezustand und konnte ich mich davon überzeugen, keine Angst haben zu müssen, tat die Mischung aus alltagsrassistischen Erlebnissen mit offensichtlich rassistischen Demos nicht gerade tut. Irgendwann bekam ich dann mit, wie Reporterinnen von Legida-Anhänger_innen angegriffen wurden, wie die vor allem Flüchtlingen gegenüber feindselige Stimmung sich in Sachsen vermehrte und dass man ein paar Floskeln für das weltoffene und super bunte Image ein Großteil des Engagement mancher Menschen ausmachte. Es muss klar sein, dass die Legidas keine angereisten Leutchen sind, die man nach der Veranstaltung in einem Bus zurück kutschiert. Nein, die menschenverachtende Haltung steckt in so vielen Heldenstadtköpfen und niemand kann mir sagen, dass man so tun kann, als sei eine Stadt frei von Rassimsus, wenn immer noch ein paar Hundert Menschen in Begeisterungsstürme ausbrechen, wenn ein aggressiver Typ auf der Bühne „vom Genozid an den Deutschen“ (vgl. LVZ)  spricht und öffentlich nach der Verfolgung von Politiker_innen und Lehrer_innen fordert, während kurz darauf Gegendemonstrant_innen attackiert werden.

4 Comments

  • Anonym sagt:

    Ist es wirklich so furchtbar, wenn dich ein Mann zum Essen einläd? Deine Nummer für private Zwecke missbrauchen mag vielleicht nicht ganz sauber sein, aber es ist ja nun wirklich nicht so, dass er dich dafür stalken musste. Und dich im Laden anzusprechen wäre wahrscheinlich noch unpassender gewesen.Versuch dich mal in die Lage des Mannes zu versetzen. Er findet dich nett, möchte dich gern kennen lernen, das ist aber aufgrund der Situation schwierig. Was soll er tun? Gar nichts, weil es ja evtl. unpassend sein könnte? Mit der Einstellung wird er einsam sterben.Anstatt einfach eine (freundliche) Absage zu schicken, oder einfach nicht zu antworten, fährst du gleich die ganz großen Geschütze auf und verwendest offensichtlich viel Zeit und Energie darauf dich bei seinem Chef zu beschweren. Nicht genug, dass du an ihm nicht interessiert bist, du musst ihn auch noch bloßstellen und in größtmögliche Schwierigkeiten bringen.Ist sowas wirklich nötig?War das wirklich das zweitschlimmste Erlebnis, gleich hinter Legida und noch vor rassistischen Bemerkungen, unmöglichem Service und assozialen Nachbarn?Andreas

  • Sophie sagt:

    Hallo Andreas,Ja, sowas ist sowas von nötig!Der Herr hat sich in einem professionellen Verhältnis übergriffig verhalten. Offensichtlich hat er Nhi (mehrmals) persönlich getroffen und sie nicht angesprochen (was ich persönlich auch schon grenzwertig fände). Vielleicht war er zu feige, ok, passiert.Aber sich illegal an privaten Daten zu bedienen ist einfach mal gruselig und ekelhaft und Nhi hat sich mit Recht versucht, an seinen Vorgesetzten zu wenden!Ich denke, dass Nhi wie die meisten Frauen schon viel unangemessenes und aufdringliches Verhalten von Männern erlebt hat. So etwas ist immer schlimm, mögen die Vorfälle noch so klein sein. Und es staut sich an. Und dann kommt eben so etwas in entsprechendem Rahmen vor (sie hat ihm ihre Festplatte mit Daten anvertraut!) und ist noch mal viel schlimmer. Ich finde es völlig in Ordnung, so etwas öffentlich zu machen. Denn so kann sie ihrem Ärger Luft machen und ich daran Anteil nehmen. Solche Vorfälle passieren regelmäßig und es ist wichtig, sie öffentlich zu machen, sich darüber auszutauschen, einfach klar zu machen, dass dieses Verhalten nicht in Ordnung ist. Vielleicht raffts dann irgendwann auch der Lenovo-Techniker.Ich gehe nicht davon aus, dass er einsam sterben würde, wenn er sich professionell und respektvoll verhielte. Es gibt durchaus so etwas wie Freizeit und viele angemessene Wege, Frauen kennen zu lernen.Aber ich hoffe gerade insgeheim dass er es tut. Also einsam sterben.Gruß,Sophie

  • Nhi Le sagt:

    Hallo Sophie!Ich hatte keine Lust und Kraft Andreas zu antworten. Danke für deinen schönen und ausführlichen Kommentar. Er bestärkt und das finde ich wichtig. Ein Herz an dich.

  • Hör mal, du Clown. Die Nummer ohne Einwilligung zu verwenden, stellt einen Verstoß gegen das Datenschutzrecht dar. Daneben ist es ekelhaft, von irgendso 'nem Typen angequakt zu werden.Das Verhalten dieser Type und auch des Chefs ist klassisch sexistisch, weil hier zwei Männer ihre Macht ausnutzen und Nhi auflaufen lassen. Schweigen wir das Dummerl halt tot. In welche Schwierigkeiten soll der Sack denn gebracht worden sein, hm? Der Chef hat ja gezeigt, dass er kein Interesse an der Klärung des Flales hat.Im Übrigen sind das nicht die ganz großen Geschütze. Ganz große Geschütze wären Artikel in Zeitungen oder Beiträge im Fernsehen. 😉

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