Day #2: Introducing Kristina Hänel, Ärztin

Abortion is health care.
Im Jahr 2017 ist Kristina Hänel unfreiwillig zum Gesicht für die Debatte um den §219a geworden. Sie ist
Fachärztin für Allgemeinmedizin, Psychotherapeutin, Notfallmedizinerin und bietet außerdem Therapeutisches Reiten für Patient*innen mit bspw. Trauma-Erfahrungen an.

Auf ihrer Praxiswebsite informierte sie, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführte. Seit 2009 gab es aufgrund von „Verdacht der Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ drei Verfahren gegen die Ärztin. Im Jahr 2017 wurde sie in einem Verfahren zu einer Strafe von 40 Tagessätzen a 150€ verurteilt, denn die Information über Durchführung von Schwangerschaftsabbrüche war zu diesem Zeitpunkt durch den §219a StGB als „Werbung“ verboten.

So wie Dr. Hänel geht es vielen Ärzt*innen in Deutschland. An dieser Stelle sei zum Beispiel die Ärztinnen Dr. Natascha Nicklaus und Dr. Nora Szász aus Kassel genannt. Sie wurden angezeigt und verurteilt, weil sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen und darüber informieren. Das alles ist möglich, weil wir in Deutschland ein Gesetz haben, das die Informationen über Schwangerschaftsabbrüche kriminalisiert.

Als Kristina Hänel 2017 verurteilt wurde, kam eine Debatte ins Rollen. Nach langem hin und her wurde Anfang des Jahres 2019 ein „Kompromiss“ zum Paragraphen $219a gefunden. Er ist lausig, denn zwar dürfen Ärzt*innen jetzt informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, Informationen über die Methoden und welche angeboten werden, gelten aber immer noch als „Werbung“. Der „Kompromiss“ bedeutet letztlich, dass Betroffenen sachliche Information über einen möglichen Schwangerschaftsabbruch weiterhin verwehrt bleiben.

Die SPD hat in dieser Debatte besonders gezeigt, wo sie steht. Statt angekündigter Forderung nach Streichung des §219a, zog sie sich zurück. Dies ist ein Umstand, den Kristina Hänel auch ohne Pardon kritisiert.

Sie kämpft weiter für das Recht auf Selbstbestimmung – in Interviews, zu Gast in Talkshows oder wenn sie eine Rede hält. Vor allem aber führt sie Schwangerschaftsabbrüche. Anfang Februar twitterte sie, dass vor ihrer Praxis betende Abtreibungsgegner*innen, Unterstützer*innen und sogar die Polizei standen, während sie eine Patientin untersuchte. „Die kommen aber nicht hier rein, oder?“ fragte die Frau. „Wann darf ich mal wieder endlich nur Ärztin sein?“ fragte sich Kristina Hänel. Ich denke nicht, dass irgendjemand Frau Dr. Hänel mit einem „bald“ antworten könnte.

Es scheint, als seien wir weit entfernt davon, sachliche Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen, zu körperlicher Selbstbestimmung zu erhalten. Und während wir §219a diskutieren, darf nie vergessen werden, dass im Jahr 2019 Abtreibungen durch §218 weder legal noch kostenlos sind. Die aktuelle Lage nimmt das Recht auf Selbstbestimmung und Information und ich bin froh, dass es Menschen wie Frau Dr. Hänel sind, die ihre Stimme und Fähigkeiten nutzen, um sie zu kritisieren und zu ändern.

Grafik: Han Le

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