Diesen Artikel habe ich in kurzer Form für das ZeitPunkt-Magazin geschrieben. Hier nun die überarbeitete und verlängerte Version.

Eso? - Isso!

Edit: Für die meisten Veganer*innen ist der Veganismus eine moralische/ethische Entscheidung, klar. Das bedeutet aber nicht, dass alle vegan-lebenden Menschen die gleichen Beweggründe haben. Für manche bedeutet es nämlich folgendendes:
Veganismus kann über den Essensstil hinaus als Lebensweise betrachtet werden, in der man besonders auf die Gesundheit achtet. Nahrungsmittel ohne Tierleid – schön und gut, doch über Labels wie „bio“ und „frei von Gentechnik“ hinaus, soll das Essen laut Esoteriker*nnen auch therapeutische, fast magische Kräfte mitbringen.

Diese Meinung vertritt beispielsweise Dr. Rüdiger Dahlke, der mit seinem Buch „Peacefood“, Veganismus als „heilsamen Weg“ beschreibt, da man mit Fleisch Totes und unsägliches Leid aufnehme. Viele Menschen kommen durch Dahlke mit dem Veganismus in Berührung. Soweit so eso, gefährlich wird es dann, wenn der Veganismus durch pseudowissenschaftliche Behauptungen als derart alternative Lebensweise angepriesen wird. Das ist der Fall, wenn Dahlke Lichtnahrung als vollwertig beschreibt und genauso gesundheitsschädigend wie die Ansicht, dass Backpulver Krebs heilen kann oder dass Kräuter gegen AIDS helfen. Diese Behauptungen stammen von der Seite „Zentrum der Gesundheit“. Eine Seite, die ähnlich wie Dahlke über gesundheitliche Risiken aufklären will und den Veganismus anpreist.

In hiesigen Kreisen hält sich beispielsweise auch die Behauptung, dass das Scannen auf Barcodes das „biodynamische Feld“ störe und gefährliche Strahlungen ausgehen. Zur Esoterik gesellen sich also Verschwörungstheorien und somit auch Angst. Damit lässt sich auch eine Menge Geld machen, wie z.B. der Verkauf überteuerter Strahlen-„Entstörer“ zeigt. Bekannte Bio-Marken sind bereits auf die Theorie eingegangen, entstören ihre Barcodes mit schwarzen Balken und geben der Behauptung somit Legitimität.

Politisch - eher nicht korrekt.

Nicht selten kommt es vor, dass Vertreter*innen dieser Ansichten auch in rechtspopulistischen Gefilden unterwegs sind. Den Veganismus als links-alternatives Szene-Phänomen zu betrachten, wäre also ziemlich naiv. Gerade in Vegan-Foren wird immer wieder klar, dass es sich für viele beim Veganismus eben doch nur um einen Ernährungsstil/Lebensweise handelt und dass politische Einstellungen hart variieren können. Ein Beweis dafür? Nun wie wäre es mit der Debatte um die sexistische und rassistische Werbung um True Fruits. Wird um jedes Huhn ein Fass aufgemacht, ist die Diskriminierung von Menschen plötzlich egal. Da soll man sich nicht so haben (hey, das kennen wir doch von irgendwo), es mit Humor nehmen oder im besten Falle sich mit der „political correctness-Polizei“ in die nächste Ecke verkriechen.

Your fav' is problematic.

Richtig empört zeigt man sich, wenn man die Gallionsfigur des Lifestyle-Veganismus angreift: Attila Hildmann. Mal abgesehen davon, dass fast jeder seiner FB-Postings vor lauter populistischen Floskeln zum Stirnrunzeln anregen sollte, scheut sich der Koch nicht davor, gegen Geflüchtete zu hetzen oder in seiner wirklich peinlich-sexistischen Video-Reihe mit einem Nazi zusammenzuarbeiten. Für ihn ist Merkels Politik (ja die da oben, ihr wisst schon) der offenen Grenzen ein Grund, warum Terroristen ins Land kommen. Hildmann verbreitet somit also das Märchen vom als Geflüchteten getarnten Terroristen und tausende kritisch-unzufriedene Fans klatschen Beifall. Für mehr dazu empfehle ich euch diesen Artikel.

Hauptsache für die Tiere?

Seien es die offensichtlichen „Autonomen Nationalisten“, denen der Tierschutz gut in den Heimatschutz passt oder eben Verschwörungstheoretiker*innen, die sich in Gefilden zwischen Neuer Weltordnung, Antisemitismus und Antiamerikanismus bewegen. Holocaust-Relativierung ist leider Gang und Gäbe, wenn Massentierhaltung mit der Shoah verglichen wird. Die Organisator*innen der Veganmania-Feste haben sich da erst so ein Ding geleistet, als sie die Rinder-Markierung mit dem Judenstern verglichen oder die (natürlich sinnlose) Schlachtung der Hochlandrinder um Leipzig als „Nizza der Rinder“ bezeichneten. Die Liste problematischer Fälle innerhalb der veganen Szene ist lang und man sollte dringend seine Prioritäten überdenken und sich einmal mehr fragen, ob man „der Tiere wegen“ Esoterik, aber eben vor allem Verschwörungstheorien und Rechtspopulismus akzeptieren will.

Für mehr Infos rund um die angesprochenen Themen lege ich euch sehr die Seite indyvegan ans Herz, die stetig problematische Fälle aus der veganen Szene sammelt.

Foto von kaboompics.

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