Ich weiß nicht wie oft ich so einen Text schon angefangen habe. Immer wieder ging und geht es um ein Angstgefühl, ausgelöst an einem Montag.
Heute ist es ein Jahr her, dass sich Pegida formiert hat. Im Januar folgte der Leipziger Ableger Legida. Seitdem kann man sich wöchentlich (mit einer kurzen Pause) in Leipzig auf Hubschrauber-Knattern, Hamburger Gitter und Unsicherheit gefasst machen – zumindest wenn man in der Innenstadt ist. Dummerweise spielt sich ein nicht geringfügiger Teil meines Lebens genau hier ab. Die ersten Monate immer noch auf den Gegendemos gewesen, blieb ich irgendwann aus verschiedenen Gründen zu Hause. Allen voran folgender: Ich hatte keine Lust alleine in der Innenstadt unterwegs zu sein, vor der Tatsache, dass die Legidas immer kleiner, aber dafür auch aggressiver wurden ist das kein Wunder. Es ist ja so schon gruselig nachts am Hauptbahnhof zwischen Nazis und Betrunkenen zu stehen, das musste ich nicht auch noch im Alltag haben. Doch langsam wurde dieser Schutzmechanismus, dieses montags alles vor 17 Uhr erledigt haben zur Gewohnheit. Das ist schade, denn im Endeffekt hat es Legida somit geschafft, dass ich meinen Tagesrhythmus verschieben muss. Ich meide es (mehr oder weniger), vor die eigene Haustür zu gehen. Irgendwas könnte mir ja passieren, einfach weil ich für eine Vielzahl von Idioten „nicht deutsch“ aussehe. Mit passieren meine ich aber nicht mal körperliche Übergriffigkeit. So weit muss es gar nicht kommen. Allein Unwohlsein und zu wissen, einer Gefahr ausgesetzt zu sein reichen schon.
Durch Twitter bekomme ich aber trotzdem wöchentlich mit, was sich zwischen Legida und den zahlreichen Gegendemonstrant*innen abspielt. Das „kleineste Volk der Welt“ ist präsent, ob ich es will oder nicht und es hat Auswirkungen auf meinen Alltag. Alltag bedeutet auch, dass sich viele fast schon daran gewöhnt haben, jeden Montag gegen Rassist*innen auf die Straße zu gehen. Eine erschöpfende Sache, denn es ist ja nicht so, als würden die Menschen auf den Gegendemos nichts bessers zu tun haben. Ich wiederum habe mich schon daran gewöhnt, jeden Montag drinnen zu bleiben.
Legida, das ist ein Haufen Rassist*innen, die jede Woche in Leipzig präsent sind, mich einschränken und beängstigen.
Ich schreibe davon, weil es so viele Formen von Alltagsrassismus gibt, aber derzeit bedrückt mich keine so sehr, wie diese hier.
Auch heute ist Montag und es sind mal wieder Nazis und „besorgte Bürger“ in der Innenstadt unterwegs. Der großartige Ali ist zu Besuch und natürlich legten wir unsere Routen so aus, dass wir möglichst nicht in der Innenstadt unterwegs sein mussten. Natürlich nicht – eine Deutsch-Vietnamesin, ein Schwarzer und Legida/OFD-Idiotien. Haha. No.
Der Grund für Alis Besuch in „ShittyLE“, wie er es nennt, ist die morgige Leipziger Rede. Im Festssaal des Neuen Rathauses sprechen PoC von ihren Erfahrungen mit Rassismus in Leipzig. Auch Ali und ich sind auch dabei. Darüber hinaus wird es eine Ausstellung zum Gedenken an die Opfer rassistischer Morde in Leipzig geben. Darunter auch Kamal, dessen Todestag sich am 24. Oktober jährt. Organisiert wird das Ganze von Rassismus Tötet Leipzig. Auf der Website gibt es eine Menge Infos und auch den Aufruf zur Demo 5 Years of Anger and Sorrow – Fight Racism.
Ihr seid alle herzlich zur Leipziger Rede eingeladen, um 19 Uhr geht es los, 18.30 Uhr ist Einlass.
– Das Artikelfoto zeigt den Ort, an dem Achmed B., Opfer von Rassismus, am 23. Oktober 1996 ermordet wurde.