Sonntag. Zeit für einen Restaurant-Besuch und einen Spaziergang im Park. Egal wie verqualmt Hanoi durch die ganzen Mopeds ist, die zahlreichen Seen und Parkanlagen versprechen Erholung. Eigentlich.
Opa hat ein iPad und macht gerne davon Gebrauch. Den ganzen Urlaub über schießt er mehr als 200 Fotos von mir, wie ich vor irgendwelchen Dingen stehe. Eine Freundin sagt später, dass es aussieht, als hätte man mich in random Google-Fotos einge-photoshoppt. Auf die Anweisungen meiner Großeltern positioniere ich mich vor Brücken/Bäumen/Tempeln/Gehwegen und mehr, doch auch die Video-Funktion soll ausprobiert werden. „Tu mal so, als würdest du die Brücke entlang schlendern“ ruft mir mein Opa auf Vietnamesisch zu. Und so laufe ich gefühlt zehn Mal die Brücke hoch und runter, versaue den anderen Touris ihre eigenen Aufnahmen und setze ein „Ich-bin-so-glücklich-hihi-Grinsen“ auf. Ich kann das. Ich war mal im Karnevalsverein.
Auf unserem Spaziergang fällt mir immer wieder eine merkwürdige Kombination von Menschen auf: Junge Vietnamesen und Vietnamesinnen bilden einen riesigen Sitzkreis und hängen an den Lippen weißer Personen. Alte Menschen, junge Pärchen, Leute mit riesigen Rucksäcken, schicke Touris – die Menschen im Mittelpunkt sind verschieden. Was sie vereint, ist dass sie offensichtlich aus „dem Westen“ kommen.
Ich frage meine Oma, was das Szenario bedeutet. Sie sagt, dass viele junge Menschen die Tourist*innen anhalten, um mit ihnen Englisch zu sprechen und sich Dinge erzählen zu lassen. Das ganze Leben würde man sich in der Schule im Englisch-Unterricht abrackern, aber nie dazu kommen, seine Kenntnisse anzuwenden. Dies sei die einzige Möglichkeit.
Wir laufen weiter und ich frage mich, welche Art von Mensch sich die Zeit nimmt, um solche Unterhaltungen zu führen, worum es geht und vor allem wie die Jugendlichen es schaffen, die Tourist*innen in ein Gespräch zu verwickeln. Gleich sollte ich es wissen.