Der gute Inhalt zuerst: Ich wurde zum Thema Rassismus an der Uni interviewed. Der fade Nachgeschmack: Ein Antwort-Leserbrief, der Othering betreibt und nationalistische Töne anschlägt wurde ebenso abgedruckt.
Das Interview...
Als ich im Urlaub war, erschien dieses Interview zum Thema Rassismus an der Uni Leipzig in der LVZ. Normalerweise hätte ich dieses Interview einfach gepostet und einen Text zu den Umständen geschrieben, ein paar Zusatzinfos gegeben. Ich hätte darüber geschrieben, dass mir an der Uni Othering am meisten begegnet, es aber auch einen konkret rassistischen Vorfall mit einer Dozentin gab. Dass es toll ist, dass ich ansprechen konnte, dass Rassismus vor keiner Bildungsschicht halt macht und es eben nicht nur den doofen „Nazi-Ronny“ gibt. Das rückt alles leider etwas in den Hintergrund.
... der Leserbrief ...
Ich bin froh, dass Sarah sich dazu entschieden hat, diesem Thema Gehör zu verschaffen. Ich bin nicht froh darüber, dass sich die LVZ zwei Wochen später dazu entschieden hat, einen Leserbrief zu veröffentlichen, dessen Verfasser, sich für Nationalismus als Argumentation entschieden hat. Es ist das eine Texte Überschriften zu lesen und dann zu meinen, sich zum Inhalt äußern zu können. Passiert im Internet ja oft genug. Es ist das andere, einen Text wirklich zu lesen, ihn nicht zu verstehen und sich dann auch noch über ihn aufzuregen, wobei aufgeregt untertrieben wäre. Naja, lest erstmal diesen entzückenden Brief.
... und die deutsche Mentalität
Wütende oder besserwisserische Nachrichten (seitdem ich online bin, bekomme ich Zuschriften zum Thema Rassismus übrigens ausschließlich von Männern) bekomme ich eigentlich jede Woche. Dieser Leserbrief ist aber das nationalistischste, arroganteste und ignoranteste, was ich schriftlich je bekommen habe. Ich könnte eigentlich jeden Satz auseinandernehmen, aber es braucht keine große Analyse, um zu verstehen, wie unterirdisch diese Zuschrift ist. Ich picke einfach nochmal ein paar Sätze raus und lass sie hier einfach stehen.
„Für asiatische Befindlichkeiten offenbar sehr unangenehm, denken sich Deutsche nichts dabei.“
„Jedenfalls wird jeder Deutsche daraus keinerlei Abwertung einer Person ableiten oder signalisieren wollen.“
„Wichtig ist, dass ihr jemand unsere Mentalität beibringt.“
Haha. Ha. Ich bin mit der deutschen Mentalität sehr vertraut, das ist ja das Problem.Das ganze bekommt einen noch faderen Beigeschmack, wenn man bedenkt, dass die LVZ sich entschieden hat, diesen Text abzudrucken. „Leser*innenbriefe sind eben nur eine Meinung“ werden nun einige rufen. Es ist aber die Entscheidung der Redaktion, so ein nationalistisches Statement zu veröffentlichen. Aber gut. Ist vielleicht auch nur eine deutsche Mentalität.
Zusatz: Dass das Interview zustande gekommen ist, liegt an der Interviewerin Sarah Emminghaus. Sarah ist sehr aware, was z.B. die Themen Sexismus und Rassismus angeht. Ich sehe ihre Arbeit für die Campus-Seite (ein Teil des Studiums) völlig unabhängig vom Rest der Zeitung.
Ja, sie haben es abgedruckt: Und das ist auch richtig und gut so! Den genau das macht eine gute Presse aus, auch Platz für andere Meinungen bereitzuhalten!
Nein, Kontextualisierung zeichnet gute Presse aus. Rassismus unkommentiert und damit ohne Kontext zu reproduzieren nicht.
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In diesem Brief ist aber keinerlei Rassismus vorhanden.
Hi Nhi ,
ich habe sehr viele vietnamesische Freundein allen Altersklassen und freue mich das ich endlich mal von einer hoere die ueber die Ernaehrung nachdenkt . Leider bist Du die Ausnahme .
Super Blog mach weiter so .
LG
Jens (Veggie LOL)
Hallo Jens!
Meinst du, dass viele Viet-Deutsche nicht über Vegetarismus/Veganismus nachdenken? Ich würde nämlich nicht sagen, dass das viet sein unbedingt was mit der Ernährung zutun hat. Ich kenne auch viele weiße Deutsche, die nicht über Ernährung nachdenken. Ich kenne aber auch Viet-Deutsche, die sich vegan ernähren 😀
Liebe Grüße!
Ganz deutlich: Dieses „uns“ im Brief schließt massenhaft Leute aus, die nicht in Klischees gefangen sind, wenn sie Leute treffen, die anders aussehen als sie selbst.
Für mich bist du so deutsch/europäisch/mensch wie jeder andere Neppel der mir tagtäglich begegnet und hier lebt.
*Neppel: Mensch der nicht ich ist. Grundsätzlich erstmal gefährlich wenn nicht vertraut, aber meistens harmlos, wenn man sie/ihn/* näher kennenlernt. Näher kennenlernen: Sich auf jemand anderen einlassen und vor allem zuhören. Weniger das ständige Fragen stellen, um seine eigenen Klischees zu bestätigen, als das aktive Sprengen und Erweitern des eigenen Horizontes.
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