Manchmal fragen mich Menschen, wie ich es mit meinem Gewissen vereinbaren könne, Model zu sein und mich als Feministin zu bezeichnen. Oh man.

Erkennt ihr den moralischen Vorwurf, der in dieser Frage mitschwingt? Mein Gegenüber hat anscheinend eine ganz genaue Vorstellung von diesem Feminismus™. Da ist man nämlich gegen den „Magerwahn“ und die dürren Models sind unbestimmte Kleiderstangen oder Sexobjekte und dagegen kämpft man doch, hm?

Mir geht es um Gedrucktes

Grundlegend bin ich dagegen, nur einen schlanken, meist weißen Körper als schön zu empfinden. Ich will, dass Schönheit divers gesehen wird. Das kann man aber nicht erreichen, indem schlanke und dünne Menschen gebasht werden, denn Überraschung! – Body Shaming kann in alle Richtungen gehen. Will man es platt ausdrücken, dann müssen nicht die schlanken Menschen aus den Kampagnen raus, sondern viele andere Körpertypen rein.

Ihr seht, ich spreche von Kampagnen, denn das ist das Feld, mit dem ich mich am meisten beschäftige. Die Auswahl von Laufsteg-Models ist weiterhin katastrophal. Sie sind groß und oft dünn, nicht besonders divers. Meinen Ansatzpunkt sehe ich im Bereich den Werbe-Kampagnen und der Fotografie selbst, hier bin ich fast ausschließlich tätig und diese Gebiete betreffen uns alle im Alltag (Anzeigen, Plakate und co.), sind sichtbarer als Laufstege auf Modenschauen, erreichen ein größeres Publikum und hier werden auch am Meisten Stereotype reproduziert oder es geht sexistisch-diskriminierend-etc. zu.

Ich seh‘ es nicht, weil’s das nicht gibt? Eher weil es nicht gezeigt wird!

Sichtbarkeit ist ein gutes Stichwort, denn wenn ich durch Magazine blättere oder mir Kollektions-Bilder anschaue, dann sehe ich vor allem in Deutschland nur weiße Menschen. Je diverser die Agentur-Karteien werden, desto vielfältiger werden hoffentlich auch die Gesichter. Bis das erreicht wird, kann es noch lange dauern, aber es ist unbestritten notwendig. Die Indie-Kosmetik-Marke Colourpop swatcht (also testet) seine Farben immer auf verschiedenen Hauttypen. Das ist nötig, weil ein kirschroter Lippenstift bei einer weißen Person dunkel, bei einer schwarzen Person hingegen sehr blass wirken kann. Werbung als gesellschaftlicher Teil trägt Verantwortung, für Repräsentation zu sorgen.

Somit ist es unhaltbar nur dünne weiße heterosexuelle able-bodied Cis-Models zu zeigen, denn es gibt nicht nur dünne weiße heterosexuelle able-bodied Cis-Menschen. Es geht also nicht nur um die Körperform, sondern auch um die „Hautfarbe“, das Geschlecht und Behinderungen. Es müssen Eigenschaften und Merkmale außerhalb der Norm gezeigt werden. Ich will also nicht nur mehr colored Models, sondern beispielsweise auch Menschen mit Behinderung (so wie es unter anderem im Webshop von Beyoncé der Fall ist) oder Trans-Menschen wie bei Barneys sehen.

Die eigene Arbeit

Was hat des jetzt aber mit dem zu tun, was ich meistens mache? Nun meist arbeite ich mit Fotograf*innen zusammen, die ihre Portfolios erweitern wollen auf freier Basis, es werden Ideen und Projekte umgesetzt. Hier ist es natürlich viel einfacher etwas entstehen zu lassen, als es in Kampagnen der Fall ist und auch hier geht es um Sichtbarkeit. Ich hab das Gefühl, dass viel schneller Diversität erreicht werden kann, da eine Zusammenarbeit nur von Model und Fotograf*in abhängig ist. Es gibt keine Zweifel daran, dass dünne weiße Frauen, die sich in ein Hemd kuscheln oder in einem Federbett liegen, ein vorherrschendes Motiv sind. Aber das ist eben nicht alles.

Was abgelichtet wird, entscheidet man selbst und somit auch was schön ist. Es gibt wenn man nicht gerade an einen Hetero-Typen gerät, dessen Anforderungen „schlank, reine Haut, Posing-sicher, Aufnahmebereich mindestens bis Akt ;-)“ sind, wenige Umsetzungs-Grenzen.

Es gibt viele Gründe, warum ich model. Einer ist es, dass es mich empowered. Model-Nhi ist fierce und ich konnte mir von dieser „Attitüde“ oft etwas für den Alltag abschauen. Empowerment ist für mich ein untrennbares Ziel des Feminismus. Und natürlich geht es auch darum zu sagen, dass man sich selbst schön findet und schön ist! Nichts kotzt mich mehr an, als die Doppelmoral von „Liebe dich selbst“-Geheuchel und dem Selbstoptimierungs-Zwang.

Meine (freien) Model-Arbeiten sind selbstbestimmt und empowern.

Models sind Indikatoren für Repräsentation und Sichtbarkeit und ich will verdammt nochmal Diversität sehen.

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